Archiv für den Monat: November 2024

Die epische Saga des GEG – Ein Gesetz, für das sich alle erwärmen. Nicht.

Vorgeschichte: Eine Ära der Wärme und Kälte

Es war einmal in den 1970er Jahren, als nach dem Wirtschaftswunder in Deutschland die Ölkrise fast alle Menschen mit Dach über dem Kopf eiskalt erwischte – und zwar buchstäblich. Plötzlich wurde klar, dass fossile Energie ein knappes Gut ist. *ironie an* Welche Überraschung! *ironie aus* Die Folge: Dämmstoffe waren fortan nicht nur ein Mittel zur Isolierung der eigenen vier Wände, sondern auch ein Symbol für nationalen Zusammenhalt. Deutsche im kollektiven Trotz gegen gierige Ölkonzerne. 1977 ging die Wärmeschutzverordnung (WSchV) dann auch relativ problemlos durch den Bundestag und Deutschlands erster Schritt zur Rettung der warmen Stuben war getan.

Energiesparen wird allgemeinverbindlich

Der Sprung ins neue Jahrtausend brachte uns nicht nur flache Bildschirme, sondern auch die Energieeinsparverordnung (EnEV, 2002). Die politische Elite auf EU-Ebene hatte erkannt, dass der Klimawandel mit dem Verbrauch fossiler Energieträger zusammenhängt. Man verständigte sich auf Maßnahmen auf nationaler Ebene. Endlich wurden mit der EnEV Neubauten und Renovierungen nach einem einheitlichen Standard geregelt.

Doch wie bei allen guten Ideen in Deutschland musste erst ein Gesetz geschaffen werden, das alle technisch möglichen Maßnahmen bündelt: das Gebäudeenergiegesetz (GEG, 2020). Allerdings erwies sich auch das GEG nicht gerade als ein Gamechanger, sondern eher als Mischmasch aus bestehenden Regelungen – quasi die Gesetzesversion eines Drei-Gänge-Menüs aus Resten im Kühlschrank. Es hatte zwar das Zeug zum Sattmachen, aber niemand wollte es wirklich, einfach weil es nicht sexy war.

Klimaziele mit Heizfaktor

„67 % weniger CO₂ bis 2030!“ hieß es großspurig im Klimaschutzgesetz von 2019. Und während andere Sektoren, wie zum Beispiel die Energiewirtschaft, kontinuierlich Fortschritte machten, wurde im Vergleich dazu der Gebäudesektor zunehmend zum Klimaproblemkind. Zu viele fossile Heizungen, im Altbestand sowieso, aber auch in Neubauten. Zu wenige Wärmepumpen, zu langsamer Fortschritt. Und im Hintergrund drohte die EU bereits mit Strafzahlungen.

Das Wirtschaftsministerium bereitet die GEG-Novelle vor

2023 war es dann so weit: Die GEG-Novelle sollte alles besser machen. Endlich Klimaschutz, endlich Fortschritt! Die Kernpunkte: Ab 2024 nur noch Heizsysteme mit 65 % erneuerbaren Energien in Neubauten und ein Fahrplan für Bestandsgebäude ab 2026.

Aber schnell wurde klar, dass es mit der Euphorie nicht weit her war. Die Novelle wurde im Volksmund zum „Heizungsgesetz“ abgestempelt – ein Name, der mit „Habeck” bald zum Reizwort der immer hitziger werdenden Debatten wurde.

Zwischen Applaus und Buh-Rufen

Befürworter und Kritiker der Gesetzesnovelle lieferten sich Schlammschlachten in den Talkshows und Social Media Kanälen der Republik. Die einen jubelten, dass der Gebäudesektor endlich auf Klimakurs gebracht wird. Die anderen belagten die Kosten für private Haushalte, bezweifelten die technische Machbarkeit und machten sich Sorgen um soziale Gerechtigkeit.

Die Regierung wusste: Das Gesetz musste durch, auch wegen der drohenden EU-Strafzahlungen, aber die Wähler mochten die Idee so sehr wie einen Kälteeinbruch im Mai. Und so wurde es am Ende mit Ach und Krach und unter schmerzhaften inhaltlichen Zugeständnissen an den damaligen Koalitionspartner FDP im Jahr 2023 beschlossen.

Ausblick

Was bringt die Zukunft? Werden Wärmepumpen zum neuen Statussymbol, neben Elektroautos? Oder werden wir noch in 20 Jahren darüber diskutieren, warum die Energiewende im Gebäudesektor nicht so recht vorankommt?

Interessanterweise berichten Wärmepumpen-Hersteller, dass der Tiefpunkt der Krise überwunden sei und das Interesse langsam zurückkehre. https://www.br.de/nachrichten/wirtschaft/waermepumpen-hersteller-sehen-tiefpunkt-der-krise-ueberwunden,UV4jOUt

Vielleicht schreiben wir 2040 die Erfolgsgeschichte des GEG. Oder 2050, vielleicht auch erst 2060 – dann, wenn uns der Klimawandel und die massiven Völkerwanderungen aus Ländern, die bis dahin unbewohnbar geworden sind, aus den eigenen vier Wänden vertreiben werden. *ironie an* Aber hey, wer braucht eigentlich noch eine Heizung, wenn in Mitteleuropa auch im Winter Badewetter herrscht? *ironie aus*

Immerhin: Wärmepumpen können auch kühlen. Die Technik funktioniert nach demselben Prinzip wie ein Kühlschrank oder eine Gefriertruhe – oder eben wie eine Klimaanlage. Vielleicht werden sie am Ende doch noch das Symbol der Energiewende. Nur wird es dann nicht mehr um warme Wohnzimmer gehen, sondern um kühle Köpfe in einer heiß gelaufenen Welt.