Archiv für den Monat: Februar 2017

Die Vergangenheit loswerden in zwei Stunden

Die Aktenberge auf unserem Dachboden waren Susanne schon lange ein Dorn im Auge –„Wann gehst Du endlich mal mit nach oben, damit wir dort zusammen ausmisten können?“, lag sie mir schon seit Wochen im Ohr – letzte Woche war es endlich soweit. Es handelte sich um Aktenordner aus der Zeit meiner ersten Selbständigkeit von 1996 bis 2001, insgesamt um die 25 randvolle Zeugen längst vergangener Zeiten. Ich musste sie aufheben, der Gesetzgeber verlangt eine 10jährige Aufbewahrung.

So habe ich die schweren Dinger also zunächst vom Dachboden in den Keller geschafft. Dort konnten sie aber nicht bleiben, da auch im Kellerbüro alle Schränke und Regale bereits überquellen von weitgehend sinnlosen Dingen. Also machte ich mich daran, mit einem 20-Euro-Dokumentenvernichter vom Discounter den Inhalt des ersten Ordners zu Papierwolle zu verarbeiten. Ein mühsames Geschäft. Das Gerät schluckt immer nur bis zu 5 Papierbögen gleichzeitig. Ich sah mich bereits Tage mit dieser monotonen Arbeit zubringen. Noch dazu hat das kleine Monster einen thermischen Abschaltmechanismus, was bedeutet, hat es sich heiß gebissen, legt es umgehend einen Verdauungsschlaf von einer halben Stunde ein. Und es wird ihm sehr schnell zu heiß! So konnte es nicht weitergehen.

Ich schmiss also Google an und gab als Suchbegriffe ein „Aktenvernichtung“ und „Würzburg“. Gleich der erste Treffer verwies auf eine Müllbeseitigungsfirma in Würzburg, bei der man persönlich vorbeikommen und sich von der ordnungsgemäßen Vernichtung seiner vertraulichen Dokumente überzeugen kann. Das klang gut. Ich rief also dort an und fragte nach den Konditionen. 11 Cent pro Kilo, Mindestmenge 100 Kilo. „Wow“, staunte ich, für 11 Euro bekomme ich also den ganzen Ballast auf einen Schlag weg, und kann meine Zeit wieder wichtigeren Dingen zuwenden, wie zum Beispiel diesen Beitrag hier zu schreiben … *grins*

Heute war ich also dort. Das Ganze entpuppte sich als eine Angelegenheit von 2 Stunden, inklusive An- und Abreise. Auf dem Hinweg nahm mich Susanne sogar mit dem Auto mit, da ihr Dienstort sowieso ganz in der Nähe dieser Entsorgungsfirma liegt. Die Leute dort erlebte ich als sehr nett und zuvorkommend. Der Mensch, der den Papiershredder bediente, nahm mir die schwerere der beiden Kisten ab und ließ mich höchstpersönlich dabei zuschauen, wie die paar Papierchen per Förderband in das Riesenmaul des Shredders wanderten. Ein kleiner Haps, und weg war dieser Teil meiner dokumentierten Vergangenheit. Was für eine Erleichterung! Zurück beim Empfang, dort wo man mit dem Auto auf die Waage fährt, drückte sich diese dann auch in Zahlen aus: 30 Kilogramm. Ich gebe Brief und Siegel, im Herzen wog sie schwerer. Ob ich eine Rechnung bräuchte, fragte mich die freundliche Dame. „Nein“, antwortete ich. „Dann mache ich Ihnen den Vorschlag, geben Sie uns zwei, drei Euro in die Kaffeekasse und die Sache ist erledigt.“ – „Wunderbar“, antwortete ich freudig, steckte einen unversehrten Fünf-Euro-Schein in den bereit stehenden, prall gefüllten Glaszylinder und empfahl mich.